Klares Bekenntnis zu Digitaler Lehrmittelfreiheit im Koalitionsvertrag
Der Begriff „Digitale Lehrmittelfreiheit“ hat Eingang in den Koalitionsvertrag (PDF) zwischen CDU, CSU und SPD gefunden.Im Bildungskapitel heißt es dazu:
Die digitale Lehrmittelfreiheit muss gemeinsam mit den Ländern gestärkt werden. Grundlage hierfür ist ein bildungs- und forschungsfreundliches Urheberrecht und eine umfassende Open-Access-Politik. Schulbücher und Lehrmaterial auch an Hochschu- len sollen, soweit möglich, frei zugänglich sein, die Verwendung freier Lizenzen und Formate ausgebaut werden.
Wir können diesen Absatz voll und ganz unterschreiben und werden ab sofort dafür kämpfen, dass dieser Punkt nicht im koalitionspolitischen Alltag untergeht.
Gesetzesinitiative für offene Lehrbücher im US-Kongress
Die beiden demokratischen Senatoren Dick Durbin und Al Franken haben in der vergangenen Woche im US Senat mit dem „Affordable College Textbook Act“ eine Gesetzesinitiative für offene Lehrbücher gestartet. Oberstes Ziel ist dabei eine geringere finanzielle Belastung von Studierenden, die in den USA im vergangen Studienjahr im Durchschnitt 1.200 Dollar für Lehrbücher ausgegeben haben. Aus dem Gesetzesvorschlag (PDF, meine Übersetzung):
Die Entstehung des Internet ermöglicht die Erstellung und das Teilen von digitalen Inhalten, darunter auch offene Lehr- und Lernmaterialien, die von Studierenden, Lehrenden und der Öffentlichkeit frei verwendet werden können. […] Investitionen auf Bundesebene in die Ausweitung der Verwendung offener Lehr- und Lernmaterialien könnte die Lehrbuchkosten substantiell verringern und die finanziellen Hürden für universitäre Ausbildung reduzieren, während gleichzeitig Steuermittel effizient eingesetzt werden.
Broschüre der MABB zu offenen Lernmaterialien
Die Medienanstalt Berlin-Brandenburg (MABB) hat in Kooperation mit irights.info eine umfassende Broschüre zu offenen Lernmaterialien (Open Educational Ressources, OER) veröffentlicht. Auf der Webseite dazu heißt es unter anderem:
Was zählt überhaupt dazu, wenn von OER gesprochen wird, und inwiefern sind diese Materialien offen? Welche Fallstricke rechtlicher und technischer Art gibt es, wenn OER im Einsatz sind? Wie findet man geeignete offene Materialien und wie gibt man selbst Material frei und erzeugt so OER? Auf diese und weitere Fragen bietet die Broschüre erste Antworten und weiterführende Hinweise. Neben den aktuellen Entwicklungen im Bereich OER stehen auch praktische Anwendungen im Fokus der Broschüre: Praktiker, u.a. aus Schule und Universität, berichten von ihrer Arbeit mit freien Bildungsmaterialien. So lernen die Leser praktische Beispiele aus ihrem Bildungskontext kennen und werden womöglich zur Nutzung und Erstellung von OER für die eigene Arbeit angeregt.
Die Broschüre gibt es sowohl als PDF-Download als auch kostenlos auf Papier via E-Mail an medienkompetenz@mabb.de.
Reader zu Open Educational Resources: „Innovation, Research and Practice“
In Kanada gibt es schon seit einiger Zeit immer wieder bemerkenswerte Initiativen für digitale Lehrmittelfreiheit. So wurde beispielsweise in der kanadischen Provinz British Columbia beschlossen, offene Online-Lehrbücher für die 40 meistbesuchten Hochschulstudiengänge entwickeln zu lassen (vgl. Presse-Meldung).
Der Commonwealth of Learning (CoL) wiederum hat jetzt gemeinsam mit der kanadischen Athabasca University ein umfassendes Kompendium zu Innovation, Forschung und Praxis im Bereich offener Lehr- und Lernunterlagen (Open Educational Resources, OER) vorgelegt. Im Vorwort wird auch deutlich gemacht, dass es dabei nicht nur um die Situation am amerikanischen Kontinent geht:
Contributions in this volume provide insights, experience-based case studies and analyses which will help readers grasp the essential contours of the OER value chain. COL’s OER publications in the last two years provide the most comprehensive view of the various sub-systems and linkages in the non-U.S. milieu, and this book is yet another contribution in that direction.
Dementsprechend widmet sich auch ein eigenes Kapitel 8 dem Thema OER in Europa. Das Creative-Commons-lizenzierte Werk ist als PDF-Download sowie als E-Book im ePub-Format verfügbar.
#OERde13: Wikimedia-Konferenz zu OER in Deutschland
Wikimedia Deutschland gab heute bekannt, dass von 14.-15. September 2013 in Berlin mit der #OERde13 eine Konferenz zu freien Bildungsmaterialien in Deutschland stattfinden wird. Auf der Homepage heißt es dazu:
Die OER-Konferenz 2013 wird deutschsprachige Akteure rund um das Thema Open Educational Resources (OER), also freie Bildungsmaterialien, zusammenbringen. Die OER-Konferenz ist eine Kombination aus Fachkonferenz und Barcamp und bietet den Teilnehmenden eine großartige Möglichkeit des Erfahrungsaustausches und der Vernetzung. Die Konferenz unterstützt Akteure, Wissenschaftler und Entscheider aus dem bildungspolitischen Bereich dabei, bestehende Netzwerke auszubauen und gibt einen umfassenden Überblick über die aktuelle Situation mit Input aus anderen Ländern.
In einem für 30. April angekündigten Call for Papers wird um Beiträge zu Themen wie OER in Gesellschaft und Politik oder in anderen Ländern, aber auch um praxisorientierten Einreichungen wie Anleitungen oder Tipps & Tricks gebeten.
Die Veranstaltung ist damit wohl die informelle Fortsetzung des letztjährigen OERCamps in Bremen. Für die Bedeutung von OER in Deutschland ist es nicht nur erfreulich, dass es damit weitergeht, sondern auch dass sich eine Organisation wie Wikimedia offensichtlich noch stärker dem Thema widmet.
Video über die deutschen OER-Pioniere der ZUM
ZUM Internet e.V. – die Zentrale für Unterrichtsmedien im Internet – darf wohl als einer der wichtigsten Pioniere für digitale Lernmittelfreiheit und offene Lernunterlagen in („Open Educational Resources“, OER) in Deutschland gelten – und zwar schon lange bevor es diese Begriffe überhaupt gab. Vor allem das ZUM-Wiki ist eine Schatzkiste mit frei verwendbaren Unterrichtsmaterialien, aufbereitet und zur Verfügung gestellt von Lehrenden für Lehrende.
In einem neuen Vorstellungsvideo stellen sich jetzt ein paar der Menschen hinter ZUM vor und erklären noch einmal kurz, warum offene Lernunterlagen eine gute Idee sind:
Zur Einigung zwischen Kultusministerien und Bildungsmedienverlagen
Die Kultusminister der Länder haben sich mit Verwertungsgesellschaften und Bildungsmedienverlagen auf eine pauschale Vergütung in Millionenhöhe geeinigt, um für Nutzungsrechte zu bezahlen, die den Lehrkräften erst durch den 2008 eingführten §53 Abs. 3 des Urheberrechtsgesetzes genommen wurden. D64-Vorsitzende Valentina Kerst beurteilt deshalb die Einigung in einer Pressemeldung kritisch:
“Um eine völlig lebensfremde Gesetzeslage zu sanieren, zahlen die Länder jetzt Millionen an die Schulbuchverlage“
Die Millionen wären besser in offene Lernunterlagen investiert gewesen. Denn selbst mit dieser neuen Regelung dürfen Lehrkräfte ihre Arbeitsblätter weiterhin nicht im Internet mit anderen Lehrenden austauschen, wenn sie dafür Teile urheberrechtlich geschützter Materialien verwenden. Die Pressemeldung verweist deshalb auf das D64-White-Paper zu digitaler Lehrmittelfreiheit, um die Potentiale der Digitalisierung für vielfältigeren und kreativeren Unterricht zu nutzen.
OER-Perspektivenwürfel von Jan Neumann
Jan Neumann war für Deutschland Delegierter beim diesjährigen “World Open Educational Resources Congress” der UNESCO, in dessen Rahmen die „Paris Declaration“ verabschiedet wurde Auf seinem Blog hat er seine Erfahrungen mit Diskussionen rund um offene Lehr und Lernunterlagen (Open Educational Resources, OER) zu einem OER-Perspektivenwürfel verdichtet, den wir hier Dank CC-BY-SA-Lizenz auch ohne Nachfrage einfach mal übernehmen dürfen:
Neumann erklärt die Motivation für die Konstruktion des Würfels wie folgt:
Nimm man an einer Diskussion zum Thema OER teil, so kann man beobachten, dass Teilnehmer bisweilen aneinander vorbeireden, weil noch nicht hinreichend zwischen den unterschiedliche OER-Formen differenziert wird. OER ist eben nicht gleich OER. Der OER-Perspektivenwürfel ist ein Werkzeug, mit dem man wesentliche Eigenschaften einzelner OER-Erscheinungsformen schnell bestimmen und verorten kann.
Für eine detaillierte Beschreibung der einzelnen Dimensionen empfiehlt sich die Lektüre des Blogeintrags.
Von offenen Lernunterlagen zu offenen Inhalten
Während in Deutschland langsam aber sicher die Diskussion über offene Lernunterlagen (Open Educational Resources, OER) ankommt, werden in den USA bereits Lösungen diskutiert, die sich gänzlich von der Lehrbuch-Form verabschieden. In einem derzeit leider nur auf Englisch verfügbaren Video erklärt Matt Federoff, chief information officer des Schulbezirks Vail im US-Bundesstaat Arizona, warum er lieber von offenen Inhalten („open content“) als von OER spricht und welche Erfahrungen beim Experiment einer komplett lehrbuchfreien High School gemacht wurden.
Wer sich am sehr amerikanischen Präsentationsstil nicht stört, erfährt in dem kurzen Vortrag eine Menge spannender Details darüber, wie man Lehrkräfte einerseits zum Teilen von Lernunterlagen motivieren und andererseits auch kostengünstig Qualitätssicherung betreiben kann.
(via)
BMBF-Anhörung zu Offenen Lernunterlagen
Donnerstag dieser Woche findet auf Einladung des Bundesministeriums für Bildung und Forschung und der Kultusministerkonferenz eine ganztägige Anhörung zum Thema offene Lernunterlagen statt. Mit dabei ist auch Leonhard Dobusch, der Verfasser des D64 White Papers zu Digitaler Lehrmittelfreiheit.
Auf netzpolitik.org hat er schon einmal seine Antworten auf rund 35 Fragen veröffentlicht, die vorab an die TeilnehmerInnen der Anhörung verschickt worden waren. Die zweite Frage dreht sich beispielsweise um die Potentiale von offenen Lernunterlagen in Deutschland. Dobusch dazu:
- besserer Zugang zu digitalen Lernunterlagen für sämtliche Akteure, inklusive die Möglichkeit zum Selbststudium und neuen Lernformen wie großzahligen und zertifizierten Online-Lernangeboten (MOOC).
- bessere digitale Nutzbarkeit von Lernunterlagen, weil die Klärung von Rechten durch die Verwendung von offenen Lizenzen (z.B. Creative Commons) radikal vereinfacht wird.
- bessere Vergleichbarkeit digitaler Lernunterlagen für Lehrende, Lernende, Eltern und Politik.
- Einfachere Kombinierbarkeit verschiedener Lernunterlagen und damit verbunden die Verbesserung der Lernerfahrung.
- Verbesserung der Qualität von Lernunterlagen durch mehr Möglichkeiten zu Feedback und Remix verschiedener Lernunterlagen. Damit verbunden ist das Potential für vermehrte didaktische Innovation.
- Mehr qualitätsorientierter Wettbewerb, vor allem im derzeit oligopolistischen Markt für Schulbücher.